Samstag, 13. Oktober 2012

 CinePostproduktion Geyer GmbH – Eine Führung durch 101 Jahre Filmpostproduktion in Berlin


Die kommerzielle Filmvorführung begann im Jahre 1895 an keinem anderen Ort als in Berlin und damit begann ebenso die Geschichte der kommerziellen Filmproduktion. Einen besonderen Stellenwert hat dabei die Postproduktion, in welcher dafür gesorgt wird, dass die Filme nach den Dreharbeiten entwickelt, zugeschnitten und bearbeitet werden. Damit wird sichergestellt, dass die Ästhetik des Films und das visuelle Erlebnis des Publikums genau den Wünschen der Filmemacher entspricht.
Die Filmpostproduktionsfirma Geyer GmbH wurde im Jahre 1911 gegründet und trägt seitdem dazu bei, dass das Medium Film in Deutschland und Europa so erfolgreich werden konnte. In den alten Gebäuden der Firma bekommen wir eine ausführliche Führung über den Prozess der Filmentwicklung und – nachbearbeitung.

An diesem Ort spürt man wie Vergangenheit und Gegenwart ineinander verlaufen und es ist als könnte man dem technischen Fortschritt des letzten Jahrhunderts langsam zusehen. Dies beginnt schon mit den Gebäuden. Die Filmpostproduktionsfirma sitzt immer noch in den Ziegelsteingebäuden in der ihre Geschichte im Jahre 1911 begann. In die Fassaden sind die Buchstaben des Firmennamens reliefartig in die rotbraunen Fliesen eingelassen und zeugen von dem Willen des Firmengründers den Namen seiner Firma in der Filmproduktionswelt fest zu verankern. Neben diesen alten Gebäuden zeigen die moderne Anbauten und neuen Gebäude im Hof, dass die Firma sich mit der Zeit entwickelt hat und nicht in der Vergangenheit stehen geblieben ist.

Nicht nur außerhalb sondern auch überall in den Gebäuden ist die Gegenwart verschiedener Zeiten spürbar. Ihre Spuren sind überall sichtbar. So gibt es Relikte, die, wie es scheint, seit den ersten Tagen der Firma in den Gebäuden verblieben sind. Alte Arbeitstische mit Schraubzwingen und ein altes Mikroskop, aber ebenso hölzerne Schneidetische sind einige dieser alten Gerätschaften, an denen wir auf unserem Weg durch die Firma vorbeikommen. Diese stehen zwischen Maschinen, die vor dreißig Jahren angeschafft wurden und heute noch in Betrieb sind. Alte Monitore, die mit großen Schaltflächen aus Kunststoff versehen sind und auf welchen einige wenige große bunte Knöpfe zur analogen Bearbeitung der Farbe der Filme angebracht sind. Futuristische große Kästen, in denen verschiedene kunststoffartige Rollen unter einem mysteriösen wabernden Geräusch zu einem Film zusammengesetzt werden. Zuletzt finden wir uns in den neuen Gebäuden wieder, die viel steriler erscheinen und mit den modernsten Computern ausgestattet sind.

Die Gegenwart verschiedener Zeiten an diesem Ort spiegelt die Arbeitsweisen der Firma klar wieder. Die Verflechtung von Altem und Modernem, von Analogem und Digitalem, wird uns bei unserer Führung durch die Produktionsstätte von einer sehr netten Mitarbeiterin erörtert.

Zum Einen werden Filme zu Entwicklung bei Geyer geschickt, die analog auf Filmrollen aufgespielt wurden. Diese durchlaufen zunächst die normalen Entwicklungsprozesse, in denen aus dem empfindlichen belichtetem Filmmaterial (entweder 16 oder 35 mm, s/w oder farbig) durch Behandlung mit Entwicklungslösungen ein Negativfilm entsteht. Die Entwicklungslösungen werden vor Ort gemischt und ihre Qualität wird von Chemikern in einem hauseigenen Labor überwacht, die täglich mehrmals Kontrollen durchführen und  sich an Standards des Filmmaterialproduzenten Kodak orientieren. Der fertige Bildnegativfilm wird dann wiederum in einer Maschine mit dem Tonnegativfilm zu einem Positivfilm zusammengesetzt, welcher dann ebenso nochmals entwickelt werden muss. Im alten Prozess wird der fertige Film dann nach Angaben des Auftraggebers zurechtgeschnitten, in die runden Filmdosen verpackt und kann geliefert werde. Heutzutage werden die Filme jedoch  hauptsächlich digitalisiert und im Folgenden am Computer geschnitten und nachbearbeitet.

Digital aufgezeichnete Filme müssen den Prozess der Entwicklung bei Geyer nicht mehr durchmachen. Bei ihnen wird direkt mit der Nachbearbeitung begonnen. Die Nachbearbeitung ist eine der wichtigsten Prozesse, die bei Geyer durchgeführt werden und der Schwerpunkt liegt dabei auf der Sicherung der Farbqualität. An Computern wird nach direktem Wunsch des Kunden jede Szene einzeln in ihren Bildeigenschaften bearbeitet. Auch können digital  Qualitätsmängel behoben werden, was die Restaurierung alter Filme erleichtert (auch ein Prozess der bei Geyer in Auftrag gegeben werden kann). Am Ende können die Filme in ihrer digitalen Form von speziellen Maschinen auf einen Positivfilm projiziert werden, oft werden sich allerdings in ihrer digitalen Form belassen. Diese gehen dann an den Kunden, der eine einwandfreie Qualität seiner bewegten Bilder hat.

Zum Schluss finden wir uns im hauseigenen Kinosaal wieder, in welchem die Nachbearbeitungen der großen Filmproduktionen stattfinden. Hier wird auf großer Leinwand Szene für Szene in ihrer Qualität durchgesprochen und Änderungen vorgenommen, was einige Wochen dauern kann. Insgesamt wird uns gesagt, dass die volle Entwicklung eines Films bis zu einem Jahr dauern kann, wobei dieser davon 3 bis 6 Monate bei Geyer verbringt.
Nach einer zweistündigen Führung haben wir 101 Jahre von Filmentwicklungsprozessen durchschritten, die verschiedenen Arbeitsweisen kennengelernt und konnten viele Fragen stellen. Es war ein eindrucksvoller und interessanter Einblick in diesen Teil der Filmwelt, der beim Filmgenuss selbst so unsichtbar hinter den Bildern verschwindet. Vielen Dank an Geyer für Ihre Freundlichkeit und Bemühungen!


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